Samstag, 22. November 2008

In Lejre og Viby








Fotos: Spielplatz auf dem Schulhof, Unterricht in der 2a, Vivi`s Keramik, Unterwegs


Nach 13 Jahren wieder an "meiner" dänischen Schule in Viby zu hospitieren, zu unterrichten und mit den Kollegen zu plaudern, ist etwas ganz Besonderes. Wenn mir der Sportlehrer Kim sagt, ich hätte mich gar nicht verändert, muss ich schmunzeln-älter sind wir ja alle geworden, sind uns aber darin einig, dass dies im wesentlichen nur äußerlich so ist.

Nicht nur beim Plaudern mit dem stellv. Direktor Gerd oder dem Deutschlehrer Soeren vergleichen wir unsere Bildungssysteme und erneut stelle ich fest, wie wichtig es für die Entwicklung eines Kindes ist, an einer "Einheitsschule" zu lernen. Hier kennen die Lehrer ihre Kinder von Klasse 0 bis Klasse 9, kennen die Stärken und Schwächen,arbeiten eng mit den Eltern zusammen und können die Schüler kontinuierlich fordern und fördern. Reibungslos klappt der Übergang von Klasse zu Klasse und von Lehrer zu Lehrer. Ohne Schwierigkeiten funktioniert übrigens hier auch unser Austausch bzw. der Unterricht in Englisch. Die Sprache fließt- mein Irland- Englisch hat die Feuertaufe bestanden.

Zuhause fühle ich mich auch bei Vivi und Jan und ihre Berichten von den Pfadfinderprojekten in Weißrussland und Afrika sind nicht nur interessant, sondern auch ungemein lehrreich. Vivi ist sowohl eine phantastische Lehrerin und engagierte Pfadfinderin, als auch eine kreative Künstlerin- sie arbeitet in der Freizeit mit Glas,Silber und Keramik. Eine erste Ausstellung in Kopenhagen steht bevor und ich darf ihr bei der Vorbereitung helfen, erstelle die Fotos für den Katalog. (siehe oben) Unsere Freundschaft wird um eine neue Nuance bereichert. Ich werde wohl kein Jahr mehr warten, um wieder hierher zu kommen.

.

Montag, 17. November 2008

Leben bedeutet unterwegs zu sein...










Fotos: Haus meiner Gastgeber in Lejre, das Kirchlein, Sommerlandschaft, Blick auf Kopenhagen

Immer noch erfüllt vom in Irland Erlebten mache ich mich nun auf in den zweiten Teil meiner Sabbatical-Reise: nach Dänemark. Dieses Land ist mir ebenso ans Herz gewachsen, wie die grüne Insel. Auch hier liegt es neben der ganz andersartigen, aber schönen Natur, vor allem an den Menschen, die ich kennen lernen und bei denen ich nicht erst einmal zu Gast sein durfte.
Vivi und Jan, deren Tochter, Freunde und Kollegen waren es, die mir vor 13 Jahren für mehrere Wochen ihre Gastfreundschaft schenkten und mir das Herz für ihr Land mit seiner Geschichte und Kultur, mit seinen Menschen und Landschaften öffneten. Das Wort Welt- ANSCHAUung erhielt 1995 für mich, vielleicht erstmalig, seinen tiefen Sinn. Aus unserer Bekanntschaft wuchs über die Jahre eine Freundschaft, die durch unser Wiedersehen erneut belebt wird.

Wenn ich in diesem Zusammenhang an die derzeitigen Diskussionen zwischen "Pro- Reli" und "Pro- Ethik" denke, die mich in Berlin wieder eingeholt haben, kann ich nur den Kopf schütteln. In "Ethik" wird genau das vermittelt, was ich auf meiner Irland- und Dänemarkreise (und Spanienreise im Januar) erleben konnte und erleben werde: Gemeinsames Lernen, miteinander reden und lachen, einander entdecken- unabhängig vom kulturellen oder familiären Hintergrund. Nicht gegeneinander! Miteinander!

Deshalb verstehe ich die Amts-Kirche nicht, die die Berliner Kinder in einem für alle gleichermaßen so wertvollen und notwendigen Fach, auseinander dividieren will. Ist es nicht unser Anliegen als Christen, dass alle Schüler im Sinne des Friedens, der Nächstenliebe, der Achtung, Toleranz usw. erzogen werden? Nicht übereinander reden, gegeneinander reden- miteinander reden! Heute habe ich mich deshalb einer Initiative angeschlossen, die da heißt: "Christen für einen gemeinsamen Ethikunterricht". Mögen sich ihr bald viele weitere Christen öffnen. Hier die aktuelle Pressemitteilung der Initiative: http://hpd.de/node/5885

Unterwegs sein- nicht nur mit dem Auto, der Bahn, dem Flugzeug oder zu Fuß. Unterwegs sein mit dem Herzen und mit dem Kopf, nicht stehen bleiben... Leben pur, meint ihr nicht?
.

Samstag, 25. Oktober 2008

Mit einem lachenden und weinenden Auge











Irland verabschiedete sich von mir wahrhaft irisch- mit einem Guinness und erneut schlechtem Wetter, diesmal in Dublin. Aber mit beidem kann ich ja inzwischen gut umgehen.


Die 1,2 Millionenstadt am Liffey ist nicht nur eine der ältesten Städte Europas, sondern auch eine der Gegensätze: Hektischer Verkehr im Zentrum und stille Parkwege, riesige Einkaufszentren und hunderte kleiner Läden, trendige Bars und urige Pubs, höchstmoderne Gebäude und alte Wohnhäuser im Gregorianischen Stil, Luxushotels und kleine windige B&B… und mehr. Für mich ist Dublin das Tor zurück in die „große weite Welt“ dessen Lärm und Hektik in der City mich bei meiner Ankunft fast erschlagen haben. Welch ein Unterschied doch zu Galway und zu dem fast verträumten Killarney im Südwesten. Und dennoch: Dublins Gegensätze haben ihren Reiz, die ich nachempfinden wollte. Zuerst hat es mich in die Nationalgalerie gezogen. Diesmal lockten mich nicht Monet, Goya oder Picasso, sondern ich schaute nach den bedeutendsten Malern der irischen Schule. Besonders angetan war ich von den Romantikern, z.B. Thomas Roberts oder George Barret. Mein Lieblingsmaler C.D.F. bleibt jedoch unübertroffen!


Ganz Irish- Like fühlte ich mich danach in der Guinnessbrauerei, die ich besichtigte und in deren wohl höchstem Aussichtspunkt Dublins ich mein Abschiedspint trank. Ich schlenderte durch die kleinen schmalen Gassen der Altstadt, spürte ein wenig dem Geist von Joyce, Shaw und Beckett im kulturellen Teil Dublin, Templebar, nach und überquerte eine der breitesten Straßen Europas, die O´Connell Street, die von den tausenden Menschen, unzähligen blau-gelben Bussen und den Autos im wahrsten Sinne des Wortes pulsiert.


Doch es gab einen Ort, der so still war, dass schon ein Flüstern störte: Ich stand in der Geschichte atmenden Bibliothek des Trinity Colleges, in dem 200,000 uralte Bücher in mehreren Stockwerken gelagert sind und in der ich auch das „Book of Kells“ gesehen habe. Das von Mönchen geschriebene und hunderte Seiten dicke und unbeschreiblich schön illustrierten Buch mit den vier Evangelien erfüllte mich mit Staunen und sogar Ehrfurcht. Immerhin ist es 1200 Jahre alt und jeder Buchstabe, jedes Ornament und Zeichen ist wahrlich gemalt. Diese Mönche waren wahrhafte Künstler. „Ich versteh nicht“, meinte eine Deutsche am Ausgang etwas unwillig, “warum die hier Geld nehmen dafür, dass man sich ein aufgeschlagenes Buch unter Glas angucken kann. Was ist denn daran besonders?“Ich wollte ihr erst antworten, schluckte meine Antwort aber runter. Wie hätte ich ihr auch erklären können, dass es eben dieses Buch war, was mich auf meinen Rückflug von Galway aus verzichten und für nur knapp zwei Tage nach Dublin kommen ließ? Sie hätte den Kopf geschüttelt.


Welch schöner Abschluss einer Reise nach fast 90 Tagen; nicht um die Welt, „nur“ nach Irland. Good bye, Ireland, good bye „my Galway", mit einem lachenden und weinenden Auge.

.

Freitag, 17. Oktober 2008

Time to say goodbye










Fotos: Meine letzte Klasse: Natalja (France), Julie (France) , Cathriona (teacher), Ruedi and Carmen (Switzerland), Rafael (Spain), Francois (Belgium), Vincent (Belgium); Beim Abschiedsabend: Francois, Rafael, Julie,; meine beiden Mitbewohner und "Bodyguards Stefano und Christian (Italy); Carmen und Carina (France), die ein halbes Jahr hier studieren


Dear friends and mates,


three months at ALS are over now and time is come to say goodbye. I do it with mixed feelings. On the one hand the time at school and here in Galway was quite amazing, on the other hand I miss my family and friends. Sometimes I hink: Time flew and I wish I could roll back the clock but than I think about all the people who are waiting for me at home in Germany and I`m looking forward to hugging them.

I´d like to thank the competent and high motivated staff of ALS who encouraged and challenged us, motivated or helped us when we felt upset and gave us the break to improve our English in different ways. Thanks for all classes including the free cultural classes, free vocabulary classes or singing classes and all the well- organized activities like our trip to Aran Islands, the afternoon walking tour or the cruise on the river.

I´d like also to thank you, the students from all the different countries I met at school. Thanks for your kindness, company and excellent teamworking. I suppose our cooperation was more then beeing on good terms- I felt respect, tolerance and heartiness. Most of all I enjoyed our interesting conversations (including girl talks) and discussions and all the moments we laughed together. Thanks for the unforgettable time we spent together and a special thank for your friendship, dear Eliana, Aranzazu and Josep. I´m looking forward to meeting you again in January in Spain.

I`d like to send you all on your way with an old Irish blessing.


May love and laughter light your days,
and warm your heart and home.
May good and faithful friends be yours,
wherever you may roam.
May peace and plenty bless your world
with joy that long endures.
May all life's passing seasons
bring the best to you and yours!


All the best to you. Take care, yours Elke from Germany

.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Two hands a heart and a crown



















Fotos: Eyre Square, Claddagh, Universität, Corrib- Fluss

In drei Tagen verlasse ich Galway (Cathair na Gaillimhe), die Stadt, die mir für 11 Wochen ein Zuhause war und die zu den am schnellsten wachsenden Städten Europas gehört.

Vor den Toren dieser Stadt lag einst Claddagh, ein kleines Fischerdorf. Dort entstand, sicherlich nicht nur der Legende nach, der Claddagh- (Finger)Ring, einer der bekanntesten Symbole Irlands. Zwei Hände halten ein Herz, auf dem eine Krone sitzt. Wird er an der rechten Hand getragen und das Herz zeigt zu den Fingerspitzen, bedeutet dies: „Ich suche nach einem Partner“ oder "Ich biete Feundschaft". Wird er rechts getragen, mit dem Herz zum Träger weisend, erzählt dies: „Ich bin bereits vergeben!“ An der linken Hand ist der uns bekannte Trauring. Im Übrigen ist es eine (noch) verbreitete Tradition, sich zu verloben und der Verlobungsring ist viel wertvoller als ein Ehering. Ist dies ein Claddagh- Ring, wird er oft von der Mutter an die Tochter weiter gegeben. Schöne Tradition!

Die reichen Clans (Tribes), die im Mittelalter in Galway das Sagen hatten, sind hier nicht mehr zu finden, auch wenn die Fahnen mit ihren Namen auf dem Hauptplatz, dem Eyre Square, wehen. Dieser Platz bildet das lebendige Zentrum der Stadt, dort sitzen die jungen Leute bei schönem Wetter in ihrer Mittagspause, treffen sich die Touristen zum Stadtrundgang oder die Galwayer zum Shopping.

25% aller Einwohner sind Studenten der hiesigen ehrwürdigen und doch so modernen Uni, des Institutes für Technologie oder der drei Sprachschulen. Da quirlt das Leben, besonders abends, in den Pubs und Discos. Aber auch die zwei großen Kinos, die Theater, das Museum, die vielen Konzerte, Ausstellungen oder Festivals machen das Flair dieser Stadt aus.

Es ist die westlichste aller irischen Städte und die heimliche Kulturhaupstadt Irlands. Ich mag die Shopping Street mit ihren Musikanten ebenso wie die kleinen Gassen, direkt an einer großen Bucht gelegen. Umgeben von Bergen und eingebettet in eine ganz spezielle Landschaft zwischen Kargheit und grüner Fülle, mit Seen und Wäldern, ist Galway mit seinen über 70.000 Einwohnern eine Stadt zum Verlieben.

Als ich gestern bei strahlendem Sonnenschein an der Claddagh mit ihren bunten Häusern aus den 30-ern saß und ein bisschen wehmütig an den bevorstehenden Abschied dachte, träumte ich auch beim Rauschen des Corribs auch schon ein wenig von einem Wiedersehen. #
Den Chladdagh- Ring trage ich übrigens an der rechten Hand... Logisch.

.

Samstag, 11. Oktober 2008

Irish Tinker, Hunter and Draught



















Ich habe mich verliebt, heute Vormittag, bei strahlendem Sonnenschein. In Tinker, besser gesagt: In einen Irish Tinker. Vom ersten Blick an war ich fasziniert von ihm: Schöner Kopf, gerade Schultern, Muskeln und völlig ohne Berührungsängste, kontaktfreudig, ziemlich unerschrocken...


Ihr habt es an den Fotos natürlich sofort erkannt, dass es sich um ein besonders Pferd handelt- es ist nämlich weiß/schwarz- ein „buntgeschecktes“ Pferd. Das Wort „Tinker“ stammt eigentlich von dem Beruf des Kesselflickers ab, gilt hier aber als ein Schimpfwort für die Travellers und Zigeuner (Die Travellers sind verarmte landlose Iren und die ursprünglichen Züchter der Irish Tinker.). Diese übten im Mittelalter diesen Beruf aus und hielten die „Farbpferde“. Früher besaßen die Zigeuner oft nur Esel, die das Hab und Gute der Menschen trugen. Dann aber eigneten sie sich Kenntnisse in der Pferdezucht an, begannen später, die Tiere zu verkaufen. Bis heute werden die Pedigrees in den Zuchtgebieten nicht niedergeschrieben, sondern nur mündlich weitergegeben.1722 erteilte King George Erlaubnis, in Ballinasloe, etwa 70 km von Galway entfernt, einen jährlichen Pferdemarkt abzuhalten.


Neugierig haben wir uns heute in den 5000- Einwohner-Ort auf den Weg gemacht. Der Markt dort hat sich nämlich inzwischen zur Europe`s Oldest International Horse Fair entwickelt. Es gibt Auktionen, Marktstände, ein Bühnenprogramm, einen Rummel aber auch Seminare und Wettbewerbe. Alles erinnert an eine Kirmes, aber ist viel größer. Wir haben heute Pferde wohl jeder Rasse bewundern können. In einem Gespräch mit einem der Händler fragten wir nach dem Preis. Ein kleines Pony, so seine Aussage, koste etwa 1000 Pound (1 Pound= 1,24 Euro), andere Quellen erzählen, dass ein Pferd bis zu 6000 Pound kosten könne (6700 Euro). Der Händler erzählte uns auf unsere Frage, dass die Geschäfte im Moment nicht so gut laufen und fragt schmunzelnd, ob wir nicht eines seiner Tiere kaufen wollen. Wir lehnten ebenso lächelnd ab. Wir könnten wohl auch nicht so handeln, wie es bei den Profis im Geschäft nicht nur in Irland üblich ist. Tatsache ist, dass ein Handschlag den Handel besiegelt und Cash gezahlt wird.


Auf dem Rückweg wippten unsere Füße zum Takt der irischen Musik auf der Bühne und eigentlich fehlte nur eines: dem traditionelle Tug-O'-War (Tauziehen) in einem der Pubs zuzuschauen. Vielleicht ein anderes Mal. Wenn wir den Besuchern des Pferdemarktes auf der weich getrampelten Wiese im Herzen Ballinasloes im kommenden Jahr einen Tipp geben dürften, wäre es dieser: Vergesst die Gummistiefel nicht.
.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Absolut Viehisches




















Sicherlich hat kein Ire je auf Schwäne gewettet, oder Schafe oder Esel. Wie sollte er auch? Aber im Wetten ist er dennoch groß, geht es um Pferde oder Hunde. Letzte Woche wollte ich mir ein Hunderennen im Greyhoundstadion in Galway deshalb nicht entgehen lassen. So etwas gibt es in Irland nämlich seit fast 100 Jahren und es hat sichtlich nicht an Attraktivität verloren.

Das Flair auf der Rennbahn war trotz des miesen Wetters besonders.
Die Zuschauer genossen den Abend bei Fastfood und Bier, verfolgten die Rennen in Dublin auf den Bildschirmen und setzten Geld auf ihre Favouriten. (Ich hebe es auch mal probiert und habe die vier Euro verloren.) Die Hunde tragen beim Rennen eine Art Leibchen und so konnte ich sie bei ihrer Hatz nach dem imaginären Hasen auf der Sandbahn auch aus der Ferne erkennen. Die Männer feuerten "ihre" Hunde lautstark an, wetteten um Sieg, Chance oder mehr, und ich erwischte mich sogar beim Daumendrücken. Dennoch konnte ich den Spaß an diesen Wetten nicht ganz genießen, wie die meisten Besucher. In meinem Kopf passen Tiere und solche Geschäftemacherei nicht zusammen. In meinem Lieblingsbuch über Irland habe ich gelesen, dass es auch Hundekämpfe gibt, die aber, wie auch Hahnenkämpfe, verboten sind.

Schafe sind nicht verboten, im Gegenteil. Über 8 Millionen gibt es inzwischen. Das heißt, rein statisch gesehen, dass auf jeden Einwohner Irlands zwei Schafe kommen. Manchmal stehen sie mitten auf der Straße und du schaust automatisch nach dem farbigen Punkt auf ihrem Fell: Pink oder Blau. Manche Iren sagen, es gäbe diese Farben, damit die Farmer erkennen würden, ob es ihre Schafe wären. Andere meinen, das wäre die Unterscheidung zwischen männlich oder weiblich. Die Dritten erklären, dies sei das Erkennungsmerkmal dafür, welches "Dip" und "Dosing" die Tiere bekommen haben- welche Art Schutz vor typischen Wurmkrankheiten. Ich bin von Letzterem überzeugt und schmunzele über die Souveniers, die Irland symbolisieren: Schaf- Topflappen, Schaf- Schlüsselanhänger, Schaf- T-Shirts....

Ein letztes Wort zu den Schwänen, die ich hier unzählige Male fotografiert habe. Sie gehören für mich zu Irland wie die Schafe. Die Legende der Kinder von König Lir erzählt, dass sie einst von ihrer eifersüchtigen Stiefmutter in Schwäne verwandelt worden sein. Die von ihrem Gewissen gequälte Stiefmutter verlieh den Schwänen aber noch die Gabe des überirdisch schönen Gesangs. Sie wurden 900 Jahre später wieder zu Menschen, waren dann jedoch schwach und gebrechlich und starben kurze Zeit später, nicht jedoch, ohne zum mittlerweile aufgetauchten Christentum bekehrt zu werden... Wie auch immer: Die Schwäne wurde auch von dem berühmten Dichter Yeats nicht nur einmal besungen und mir fallen viele Märchen ein, in denen Schwäne eine Rolle spielen. Die irischen überwintern hier, denn der Winter ist in Irland sehr mild.

Bleiben noch die Pferde. Die ziehen mich bestimmt am kommenden Wochenende in ihren Bann, in Ballinasloe... Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
.

Dienstag, 7. Oktober 2008

Proud of... names, teams and history



















Fotos: Impressionen aus der "irischen Stadt des Mittelalters"

Man muss nicht nur, wie ich am letzten Wochenende, das mittelalterliche Stadtzentrum von Kilkenny besucht haben, um zu erleben, worauf die Iren sehr stolz sind. Und wenn man es denn weiß, braucht man nicht lange zu suchen- überall zeigt der selbstbewusste Ire, was ihm wichtig ist. Eine Rangfolge festzulegen, wäre unfair. (For Josep, Aranzazu and Eliana: It´s a pitty that we couldn`t enjoy the trip together (by car, of course) It was worth each Penny. I miss you and I`m looking forward to January. Regards to Madrid and Barcelona)

Der alte Geschichtsprofessor, z.B., der uns durch die wunderschöne Altstadt führte, erzählte uns so manch Spannendes, Erfreuliches und Dramatisches aus dem irischen Alltag während der letzten 500 Jahre. Die Zeit der großen Hungersnot (1845-1848) aufgrund der Kartoffelfäule brachte so tiefe Einschnitte in das Leben der Menschen mit sich, dass sich diese Zeit (wie bei uns die Kriegszeit) in unzähligen Liedern, Gedichten, Romanen, Filmen oder Theaterstücken spiegelt. Die Menschen verhungerten zu tausenden oder verließen das Land, emigrierten nach Amerika. Es gibt wohl keine Familie in den USA, die nicht irische Wurzeln hat, sagt man hier. Um 1900 lebten hier von den einst 8,1 Mio Iren nur noch etwa dreieinhalb Millionen.
Ein mit diesem Sterben und Emigrieren verbundenes Übel war kultureller Art, denn die gälische Sprache verschwand fast ganz aus dem Alltag und mit ihr so mancher alte Brauch. Der Prof ist umso stolzer darauf, dass die EU das Irische vor einem Jahr zur 21. Amtssprache erklärt hat und die Bevölkerung wieder im Wachsen begriffen ist.

Die Bewohner von Kilkenny zeigen einen noch anderen Stolz, denn die Stadt ist die Hurling- Hochburg Irlands und an den Häusern sind die Fotos der Spieler zu sehen, viele Straßen leuchten in den Clubfarben gelb-schwarz und aus den Pubs ertönt Beifallrufen, wenn
die Kilkenny Cats Punkte machen! Und es wird mit einem Smithwicks (rotes Bier) oder eben einem hier gebrauten Kilkenny angestoßen. (Das hat eine Schaumkrone wie das Guinness und schmeckte mir sogar am Nachmittag.)

Sicherlich ist der Bewohner von meinem B&B auch stolz auf sein Land und die Traditionen. Er konnte gar nicht verstehen , warum ich am Morgen kein irisches Breakfast bestellte. Natürlich verstehe ich den alten Sinn dieses Frühstückes, brauchten doch die Menschen auf dem Lande für ihr langes Tagwerk ein reichhaltiges und sättigendes Frühstück für den Tag, aber ich als Stadtmensch doch nicht. Zweimal habe ich es versucht und festgestellt, Toast,Pilze, Spiegeleier, Schinken, gegrillte Würstchen, gebackene Bohnen und Black Pudding (eine Art Blutwurst) sind nicht mein Ding (Not my cup of tea) zum Frühstück.

Zurück zum Anfang, zur Geschichte. Wusstet ihr, dass es ein Ire war, der dem Barometer (Robert Boyle) oder dem Elektron (George Surrey), dem Mikrophon (Narzissus Marsh) oder dem Neanderthaler (William King) den Namen gab? Darauf sind die Iren bestimmt auch stolz, wenn die es denn aus ihrer Schulzeit noch wissen sollten.
.

Donnerstag, 2. Oktober 2008

Limerick without limericks












Auf der Suche nach der Wahrheit trieb es mich am letzten Wochenende nach Limerick, etwa 100 km entfernt von Galway. Dort müssen die „Limericks“ doch ihren Namen bekommen haben. Hier schüttelten all meine Sprachlehrer und meine Gastmutter den Kopf:“ Ein Limerick? Ein Gedichtform? Nie gehört.“ Ja, das ist es, kurz, bündig, oft humorvoll, einem Reimmuster folgend, wie dieses hier vom Joseph C. Tyler, Sr.:


THE TRAIN AT 4:04

"There's a train at four - four," said Miss Jenny.
"Four tickets I'll take, have you any?"
Said the man at the door, "Not four for four - four
For four for four - four is too many."


Um es gleich zu sagen: Diese Textform scheint bei uns bekannter zu sein als in Irland. Laut Wikipedia liegen die Wurzeln für dessen Bezeichnung in einem alten englischen Soldatenlied und man entdeckte sie fast vor 200 Jahren. Die Touristinformation in Limerick war am Sonntag geschlossen. Schade, vielleicht hätte ich dort eine Auskunft bekommen.

Dennoch war ich nicht traurig, denn ich stand am größten Fluss Irlands, dem Shannon, der immerhin fast 400 km lang ist und nach seiner Reise von Nordirland bei Limerick in den Atlantik fließt. Frank McCourt, der“ Angela´s Ashes“- „Die Asche meiner Mutter“ geschrieben hat, ist hier geboren. Es ist ein autobiographischer Roman und der Film hat mich unglaublich berührt. (In dem Zusammenhang: Ich verstehe nicht, warum die Originaltitel bei uns immer verändert werden.) Die im Internet angebotene Angela- Ashes- Tour, allerdings, wollte ich ohne Guide nicht erlaufen.


Limerick ist immerhin die drittgrößte Stadt Irlands, von der Einwohnerzahl etwa mit Bernau und dem sich anschließenden Zepernick vergleichbar. Sie war vergleichsweise ruhig am letzten Sonntag und so konnte ich mit nur wenigen anderen "Touries" King John`s Castle besuchen, mir St. Mary´s Cathedral ansehen und gemütlich durch die Innenstadt schlendern.


Einen Hinweis auf die Limericks habe ich nicht gefunden, dafür aber die Lust, die großen Iren wie Yeats, Joyce, oder Wilde im Original zu lesen. Letzterer hat vor 120 Jahren zu Yeats gesagt (dessen Gedichte ich über alles mag): "Wir Iren sind zu poetisch, um Dichter zu sein, wir sind eine Nation von glänzenden Versagern, aber wir sind die größten Redner seit den Griechen."

Denke ich auch an Swift, Shaw oder Beckett muss ich lächeln und ich wage mich schließlich an die erste Shortstory von Synge.

.

Montag, 29. September 2008

A pearl and many festivals



















Nein, ich wurde nicht zur Auster- Perle gewählt, die Lady auf dem Foto ist mehr geeignet dafür. Ich habe auch nicht die erste Auster des Jahres geschlürft, wie der Bürgermeister der Stadt. (Die Galway- Austern sind bekannt in ganz Europa.) Am Straßenrand stehend, habe ich gemeinsam mit hunderten Menschen dem kleinen Festumzug zugewunken, der bei der offiziellen Eröffnung des "Oyster Festivals" durch Galways Straßen zog.

Dessen Fröhlichkeit brauchte mich nicht anzustecken- denn ich bin wieder voller Lachen nach den traurigen Tagen der letzten Woche. Darum vorab: Euch allen, die ihr nach dem Herzinfarkt meines Vaters, Anneliese und meinem Vater zur Seite standet, ob durch praktische Hilfe, oder durch gute Wünsche und Gebete, möchte ich danken. Und habt auch Dank für eure Ermutigungen für mich (besonders an meine Brüder, die mich immer auf dem Laufenden hielten), diese Zeit in der Ferne auszuhalten, nicht heimzufahren und sie, wie geplant, zu beenden. Vater hat es gepackt... Und das ist ein Grund zum Feiern, meint ihr nicht?

Übrigens: Die Iren feiern unglaublich viel und gerne. Über das ganze Jahr verteilt ist in den 32 Counties immer irgendwo ein Festival, wie das Oysterfestival in Galway. Das gibt es seit den frühen Fünfzigern, als ein cleverer Hotelchef auf die Idee kam, die Touristen auch im September in sein Haus zu locken. Das Verrückteste an diesem Festival: Austern- Liebhaber aus aller Welt kommen hier, um an einem Wettbewerb teilzunehmen. Da gibt es einen langen Tisch (90 cm hoch) und vor jedem Teilnehmer liegen 30 Austern, die es in kürzester Zeit ohne jegliche Hilfsmittel (Handschuhe erlaubt) zu öffnen und zu präsentieren gilt. Meistens haben die Iren selbst, die Norweger oder Schweden gewonnen. Wen wundert´s?

Vielleicht sind die deutschen Männer und Frauen ja aktiver und erfolgreicher auf dem Festival in Lisdoornvana, beim Matchmaking- Festival? Das findet als eine alte Tradition gerade dieser Tage statt. Die Matchmaker waren meist alte Leute in einem Landstrich, die wussten, welcher Sohn/welche Tochter im heiratsfähigen Alter war. Sie luden im September jedes Jahres alle Farmer aus Irland ein, um sie zu verkuppeln. Sie kümmerten sich auch um die Aussteuer. Heute ist das eine Riesenparty mit Tanz und allem Drum und Dran und Leute aus ganz Europa und aller Altersklassen fahren nach Lisdoonvarna. (Ich hab ja keine Zeit- muss Englisch lernen!)

Fast lohnt es sich, das Jahr nach diesen Ereignissen zu unterteilen, denn da ist das Kunstfestival, das Theaterfestival, das Opernfestival, das Jazz- Festival, das St. Patricks- Festival. Wer Interesse und Zeit hat, erlebt hier, dass die Iren nicht nur ein sehr gastfreundliches ( Karneval der Kulturen der Welt in Dublin), ein lachwilliges Volk (Cat Laughs- Festival in Kilkenny), ein bildungswilliges (Listowel Writers Week) und feierwilliges Volk sind, das keinen Anlass auslässt, dies unter Beweis zu stellen.

Und hätte die Eintrittskarte zur gestrigen Gala beim Austern-Festival in meiner Stadt nicht 130 Euro gekostet, hätte ich bestimmt auch bis in die Nacht getanzt, laut gesungen, dabei viel geplaudert und einen guten Whiskey oder zwei Bier getrunken. Aber ich habe ja noch vier Wochen Zeit, zu erleben, was die Iren meinen, wenn sie sagen: "There are no strangers here, only friends who never meet before."
.

Sonntag, 14. September 2008

School is in/out forever










Fotos: Schüler während der Mittagspause unterwegs in der Stadt

Etwas kurious: 1792 sperrten die Schüler einer irischen Schule ihre Lehrer vom Unterricht aus und unterrichteten sich selber. Die Ermordung des Schuldirektors wurde durch Soldaten verhindert, die das Gebäude umstellt hatten. Die Schüler damals gaben an, durch die französische Revolution inspiriert worden zu sein.
Heutzutage lassen sich die irischen Schüler von einem ganz unheroischen Ziel zum Lernen anregen: Das Certificate ihrer Secondary School so gut wie möglich zu bestehen. Die Zeit an der Oberschule unterteilt sich in den „Junior Cycle“ (7.8.9. Klasse) und den weiterführenden „Senior Cycle“ (10.11.12. Klasse) Beide Zyklen werden jeweils mit Prüfungen in einer bestimmten Fächeranzahl abgeschlossen, deren Ergebnisse Mitte September bekannt gegeben werden. Das „Leaving Certificate“ entspricht unserem Abi. Und dies war auch der Grund, weshalb es am letzten Wochenende für die Jugendlichen in Ireland Grund zum Feiern gab. Die Diskos waren überfüllt und so manches Guinness zu viel wurde getrunken, denn auf vielen Zeugnissen standen hinter den Fächern ein A oder B- die besten Level.

Wie bei uns gibt es zweimal im Jahr Zeugnisse. Die Pflichtfächer sind an allen irischen Schulen gleich, aber die Wahlangebote pro Schule sehr unterschiedlich. Die Eltern wählen die Schule deshalb auch nach ihrem Angebot an Fächern aus, z.B. danach, welche zusätzliche Kurse wie Handwerk, Kunst und Design, Musik,Technisches Zeichnen, Geschichte, Erdkunde, eine Fremdsprache, Hauswirtschaft o.ä gibt. Die meisten Schulen hier sind noch unterteilt in Jungen- und Mädchenschulen. Das kommt aus einer langen Tradition heraus, denn es waren christliche Orden, die einst die Schulen gründeten. Und so verwundert es nicht, dass es noch viele kirchliche Schulen gibt, obwohl sie zunehmend offen und multikonfessionell werden. (Die meisten katholischen Schulen gehören tatsächlich der Kirche, aber der Staat finanziert sie.)

Mir mutet das Bild eigenartig an, wenn in den Mittagspausen aus den Schulen nur Jungen oder nur Mädchen heraus strömen und zu Mc Donalds pilgern. Die einheitliche Schulkleidung ist in Irland noch immer Pflicht und in Galway gibt es lediglich eine Schule ohne "school uniform". Meine Gastmutter verteidigt ihr Tragen sehr strikt. Ihr Hauptargument ist, dass somit die Mode als Merkmal sozialer Unterschiede keine Rolle mehr spielen kann. Meine Gegenargumente lässt sie nicht gelten.

Bei aller Diskussion: Irlands Schüler gehörten bei den letzten Pisastudien zu den Besten (5. Platz, Deutschland: 14. Platz) und das hat sicherlich auch mit dem gesamten Schulsystem zu tun, bei dem alle Bestandteile, von den „infant classes“ den Vorschulklassen (möglich ab Ende 4. Lebensjahr) bis eben zum Abschluss mit dem 16./18. Lebensjahr reibungslos ineinander greifen und es kein „Klassifizieren“ nach der Grundschule wie in Deutschland gibt. Letzteres war einer der Hauptgründe, warum die bisher in Deutschland lebende Cousine meiner Gastmutter dem Land wieder den Rücken gekehrt hat: Sie möchte für ihre beiden Söhne die besten Bildungschancen und die sieht sie eben eher hier.
.

Freitag, 12. September 2008

Soft day with Irish Pop and Lollipops











Fotos: Blick auf Spanish Arch in Galway, Lollypop in Renmore, Irish Dancing mit Josep aus Spain

Glaubt man den Internetquellen, war es der Engländer Charles Dickens, der die "Lutscher" in die Literatur eingeführt hat. Es sollen die Straßenverkäufer seiner Zeit gewesen sein, die der Süßigkeit am Stiel diesen Namen gegen haben. Der Name "Lolly Pop" wurde durch eine amerikanische Firma vor etwa 70 Jahren patentiert und in Deutschland, glaubt man einigen Auskünften hier, gäbe es die schönsten und buntesten Leck- Exemplare. (Ich erinnere mich eher an die polnischen runden, übersüßen und riesengroßen Lutscher.)
In Irland allerdings gibt es eine ganz besondere Spezie mit diesem Namen. Sie steht jeden Morgen und Nachmittag und bei jedem Wetter an den gefährlichsten Punkten der Hauptverkehrsstraßen, stoppt die Autos, wenn sich die Schüler nähern und geleitet sie über die Straße. Diese "Verkehrslotsen" sind meist Eltern oder Großeltern, die von der Kommune ein kleines Entgeld für ihre Arbeit bekommen. Die runde Kelle in ihrer Hand gab ihnen den Namen. Das hat mir die zweifache Mutter erzählt, mit der ich im feinen Nieselregen ein wenig plauderte.


So ein Tag, an dem es oft oder ununterbrochen so fein nieselt, dass du erst danach merkst, wie nass du bist, ist ein "soft day". In seinem Lied vom "Galway Girl" erzählt der Sänger, dass er an diesem Tag ein besonderes Mädchen traf. Die Geschichte bleibt ohne Happyend, aber seitdem ich in der "singing class" diesen Song gesungen habe, verstehe ich, was sich hinter einem "weichen Tag" verbirgt. Wer den Song mal hören möchte, kopiere sich den folgenden Link(Lautsprecher nicht vergessen anzuschalten) oder warte, bis wir ihn gemeinsam trällern. Dieses Lied gehört jedenfalls zu den Lieblingssongs von uns Studenten.
http://www.youtube.com/watch?v=_7-PM_4aeE4

Schon vor meiner Reise hierher habe ich bei U2 mitgesummt, hier hörst du diese Gruppe überall, wie natürlich auch Sinéa O´Connor, Van Morrison, Enya, Elvis Costello, James Galway, The Cranbarries oder The Dubliners. Vor knapp einem Monat hat nicht nur die irische Musikszene getrauert: Ronny Drew, "der Mann mit der Reibeisenstimme" und Gründer der auch bei uns bekannten Gruppe ist nach seiner schweren Krebserkrankung gestorben. Desto mehr werden nicht nur seine Pubsongs hier gepfiffen, gesungen, gesummt und gespielt. Manchmal tanzt man auch dabei den irischen Tanz Céilí, so man es etwas gelernt hat.Gut, dass wir hier Unterricht nehmen können! Danke an meinen Compi Jürgen, der mir im Wissen um meine Reise eine Cd der Dubliners zur Einstimmung geschenkt hatte.

Für mich ist heute Halbzeit in Irland- 6 Wochen bin ich nun hier und kann mich an Land und Leuten immer noch nicht satt sehen. Deshalb werden wir morgen ein Auto mieten- es ist Zeit, das Linksfahren auszuprobieren und auch einmal von den Hauptstraßen abzuweichen. Allen anderen, die am Wochenende irgendwohin unterwegs sein werden wünsche ich auch: Turas math sàbhailte dhut!- Have a good trip- Gute Fahrt!
.

Sonntag, 7. September 2008

Kilkenny 3-30 Waterford 1-13










Fotos von: RTE- Kilkenny gewinnt heute den Pokal , Elke: Training auf der Straße um die Ecke

Tuam, eine kleine Stadt nur 35 Minuten von Galway entfernt, die ich heute besuchte, war regelrecht menschenleer. Es dauerte nicht lange bis ich begriff, wo die Menschen waren: Vor den Fernsehern. Heute war das Meisterschaftsendspiel im Hurling, Kilkenny spielte gegen Waterford- All Ireland Day. Da ging es in Dublin zu wie einst auf der Fanmeile in Berlin.

Was ist dieses gaelische Spiel Hurling hat Tine vor Kurzem gefragt. Hurling und seine weibliche Variante, Camogie, ist ein wenig ähnlich dem Hockeyspiel und dennoch etwas Besonderes, nicht nur, weil die Linienrichter weiße Kittel tragen. Es wurde schon vor 2500 Jahren gespielt. Der legendäre Sagenheld Cú Chulainn, das irische Pendant zum griechischen Herkules, soll auch der überragende Hurler seiner Zeit gewesen sein. Damit ist Hurling eines der ältesten Ballspiele der Welt, bei dem 15 Spieler versuchen, einen recht kleinen Lederball in das gegnerische Tor zu schießen. Dazu benötigen sie einen Schläger (Hurley), der meist aus Holz ist und schon die Kinder spielen bzw. trainieren mit ihm. Die nationale Sportorganisation hat durchgesetzt, dass Hurling an allen Schulen unterrichtet wird.

Aber zurück: Mit extremem Tempo bewegen die Spieler also den Ball in Richtung gegenerisches Tor, die Gegner versuchen sie dabei mit nicht gerade feinen Methoden aufzuhalten und der ungeübte Zuschauer schließt lieber die Augen, um so manche Attacken nicht mitanzusehen- es sieht richtig brutal aus und hört sich auch so an, wenn die Schläger gegeneinander oder an die Helme knallen. Gut, dass diese vor ein paar Jahren eingeführt wurden! Faszinierend ist die Geschicklichkeit der Spieler, fangen sie doch den kleinen Ball im Laufen auf ihrem Schäger, balancieren ihn auf diesem und werfen ihn zielgerichtet zum nächsten Läufer ab. Sie benutzen dazu auch die Hand oder den Fuß, das ist erlaubt. Wenn ein Tor geschossen wird (das zählt drei Punkte) oder ein Schuss über die hohe Querlatte gelingt (ein Punkt), dann steigt die Stimmung ins Unermessliche und ich glaube, heute sind die Dubliner Pubs überfüllt von den siegreichen Kilkenny- Fans. Meine Gasteltern aber sind sauer, denn ihre Lieblingsmannschaft hat verloren. Die Nation ist gespalten und vereint in ihrer Leidenschaft!

Bisher glaubten die Iren, mit diesem Sport so ganz unter sich zu sein- aber dem ist nicht mehr so. In allen Erdteilen gibt es inzwischen Hurling- Clubs, sogar in Deutschland, wie z.B. "gail gall hurling" in Wittenberg. Von Camogie-Clubs habe ich noch nie etwas gehört- Vielleicht tragen unsere Frauen nicht so gerne die kurzen Röckchen oder das Spiel ist ihnen zu rau.
Tipp für alle an den Regeln Interessierten:
Ein Film öffnet sich beim Doppelklick auf den Link:

PS. In wenigen Tagen findet das Finale im Gaelischen Fußball statt, dass wird sicherlich nicht weniger aufregend und ich werde wieder ganze Straßenzüge für mich allein haben- oder selbst vor dem Fernseher in einem Pub hocken...
.