Samstag, 25. Oktober 2008

Mit einem lachenden und weinenden Auge











Irland verabschiedete sich von mir wahrhaft irisch- mit einem Guinness und erneut schlechtem Wetter, diesmal in Dublin. Aber mit beidem kann ich ja inzwischen gut umgehen.


Die 1,2 Millionenstadt am Liffey ist nicht nur eine der ältesten Städte Europas, sondern auch eine der Gegensätze: Hektischer Verkehr im Zentrum und stille Parkwege, riesige Einkaufszentren und hunderte kleiner Läden, trendige Bars und urige Pubs, höchstmoderne Gebäude und alte Wohnhäuser im Gregorianischen Stil, Luxushotels und kleine windige B&B… und mehr. Für mich ist Dublin das Tor zurück in die „große weite Welt“ dessen Lärm und Hektik in der City mich bei meiner Ankunft fast erschlagen haben. Welch ein Unterschied doch zu Galway und zu dem fast verträumten Killarney im Südwesten. Und dennoch: Dublins Gegensätze haben ihren Reiz, die ich nachempfinden wollte. Zuerst hat es mich in die Nationalgalerie gezogen. Diesmal lockten mich nicht Monet, Goya oder Picasso, sondern ich schaute nach den bedeutendsten Malern der irischen Schule. Besonders angetan war ich von den Romantikern, z.B. Thomas Roberts oder George Barret. Mein Lieblingsmaler C.D.F. bleibt jedoch unübertroffen!


Ganz Irish- Like fühlte ich mich danach in der Guinnessbrauerei, die ich besichtigte und in deren wohl höchstem Aussichtspunkt Dublins ich mein Abschiedspint trank. Ich schlenderte durch die kleinen schmalen Gassen der Altstadt, spürte ein wenig dem Geist von Joyce, Shaw und Beckett im kulturellen Teil Dublin, Templebar, nach und überquerte eine der breitesten Straßen Europas, die O´Connell Street, die von den tausenden Menschen, unzähligen blau-gelben Bussen und den Autos im wahrsten Sinne des Wortes pulsiert.


Doch es gab einen Ort, der so still war, dass schon ein Flüstern störte: Ich stand in der Geschichte atmenden Bibliothek des Trinity Colleges, in dem 200,000 uralte Bücher in mehreren Stockwerken gelagert sind und in der ich auch das „Book of Kells“ gesehen habe. Das von Mönchen geschriebene und hunderte Seiten dicke und unbeschreiblich schön illustrierten Buch mit den vier Evangelien erfüllte mich mit Staunen und sogar Ehrfurcht. Immerhin ist es 1200 Jahre alt und jeder Buchstabe, jedes Ornament und Zeichen ist wahrlich gemalt. Diese Mönche waren wahrhafte Künstler. „Ich versteh nicht“, meinte eine Deutsche am Ausgang etwas unwillig, “warum die hier Geld nehmen dafür, dass man sich ein aufgeschlagenes Buch unter Glas angucken kann. Was ist denn daran besonders?“Ich wollte ihr erst antworten, schluckte meine Antwort aber runter. Wie hätte ich ihr auch erklären können, dass es eben dieses Buch war, was mich auf meinen Rückflug von Galway aus verzichten und für nur knapp zwei Tage nach Dublin kommen ließ? Sie hätte den Kopf geschüttelt.


Welch schöner Abschluss einer Reise nach fast 90 Tagen; nicht um die Welt, „nur“ nach Irland. Good bye, Ireland, good bye „my Galway", mit einem lachenden und weinenden Auge.

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