Samstag, 23. August 2008

What about your English?











Zwölf Stunden Dauerregen und unterwegs in Irland... Unten durchgeweicht, oben trocken: Die neue Regenjacke hat endgültig ihre Bewährungsprobe bestanden. Danke, Jana, für den Tipp und Tine für das geduldige Shoppen mit mir. *s*´Nun hängen die Sachen auf der Leine und ich genieße nach der heißen Dusche und dem warmen Dinner einen Tee und lese Mails. Eine Frage taucht darin auf: "Du schreibst so viel über deine Erlebnisse, und was ist mit deinem Englisch?"

Vor zwei Wochen schrieb ich meine erste Begeisterung in einem Fragebogen auf:
http://www.atlanticlanguage.com/menu.asp?Menu=108

Übrigens: Wenn ihr auf dieser Seite blättert, könnt ihr meine Schule in Fotos kennenlernen und sogar kleine Videos anschauen. Es lohnt sich.

Doch nun zum Schulalltag:
Nach dem Frühstück um 7:45 Uhr fahre ich mit dem Bus zur Schule zum täglichen vierstündigen Pflichtunterricht. Mache Studenten haben Nachmittags- oder privaten Einzelunterricht, abhängig von deren Buchung. Nach einer größeren Pause belege ich meist noch weitere Stunden, z.B.die "Singing class", in der wir englischsprachige Songs lernen, die "cultural class", in der wir etwas über die Kultur, Literatur, Geschichte usw. Irlands lernen oder den "film club", und mehr. Danach gehe ich entweder in die Bibliothek und mache dort meine Hausaufgaben, wenn sie schriftlich sind, oder ich schlendere bei gutem Wetter durch die Stadt um an einem sonnigen Plätzchen die Vokabeln zu lernen oder mit anderen Studenten zusammen zu sein. An den Wochenenden geht es, wie heute, gemeinsam auf Exkursionen.
Täglich gibt es ein Hauptthema im Unterricht, das gekoppelt ist an das Kennenlernen vieler neuer Wörter und die Festigung von Grammatik. Wir lesen Texte, hören Dialoge von CD, schreiben Übungen und sprechen vor allem viel. Unsere Lehrer sind kompetent, erwarten von uns eigenständiges Lernen, gegenseitiges Helfen und Offensein für Neues. Sie sind für uns da, wenn es Fragen gibt. Ich habe selten so ein hoch motiviertes und noch nie ein vor allem so junges Kollegium erlebt.
Freitags wird über 45 Minuten ein Test geschrieben. Unter Zeitdruck eine Arbeit zu schreiben fällt mir echt schwer und ich kann meine Schüler jetzt ein wenig besser verstehen, wenn sie erst einmal eine Anlaufzeit brauchen, um sich auf vier Seiten Aufgaben unterschiedlichster Art zurecht zu finden. Im 1. Test hatte ich an die 72 % richtige Antworten, im 2. 79% und im 3. 77% Prozent. Die Ergebnisse der anderen Studenten bewegen sich bisher so zwischen 60%-82%. Auch das zeigt, dass ich im richtigen Level eingestuft bin.
Meine zweite "Schule" ist ebenso kompetent- es ist meine Gastfamilie. Mit ihr gemeinsam schauen wir Nachrichten, plaudern über den Tag, über die Familie, über unsere Länder, Traditionen, übers Kochen- eigentlich über alles. Hier wachsen die Englischkenntnisse fast noch schneller als in der Schule, weil ich ständig gefordert bin, die neuen Redewendungen anzuwenden. Und wenn ich außerdem im Pub, im Kino, beim Einkaufen, in der Post, im Museum bin, englische Filme sehe, Bücher lese, mit fremden Leuten oder meinen Studienkollegen quassele... dann habe ich unzählige Chancen, den Englisch zu verbessern. Und die nutze ich bewusst, da könnt ihr euch ganz sicher sein.

Zusammengefasst: Für mich geht es mit dem Englischen spürbar voran. Schade nur, dass all die mir inzwischen vertrauten classmates in ihre Heimatländer zurück gefahren sind- die Ferien enden fast überall zum gleichen Zeitpunkt. Ab Montag wird meine Klasse neu zusammen gestellt. Aber ich bin mir sicher: Es wird nicht einen Deut weniger Spaß machen.
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Freitag, 22. August 2008

Everybody should see this film










Fotos: Galway-Bucht in Renmore heute Abend

Abendzeit- Kinozeit. Einmal in der Woche gönne ich mir, entweder im Kino, im Filmraum der Schule oder am Laptop einen Film. Es ist eine Bereicherung, die Filme ohne jegliche Übersetzung anzugucken und die Originalstimmen der Schauspieler zu hören. Gleichzeitig bekommst du eine große Hochachtung vor der Leistung der deutschen Schauspieler, die den irischen oder anderen Kollegen bzw. Trickfilmfiguren ihre Stimme leihen. (Besonders liebe Grüße an Jana und Stefan)

Die zweite Bereicherung sind die irischen Filme selbst. Ich muss doch mit Scheuklappen durch die Kinowelt gestolpert sein, um solche großartigen Filme wie „Nora“ oder „The field“ (Das Feld) zu übersehen! Abhängig von der jeweiligen Stimmung, in der man sich befindet, ist jeder dieser Filme ein Meisterwerk für sich. Deshalb meine Tipps , auf denen überall stehen könnte: "Diesen Film sollte jeder sehen."

- Wer so richtig schmunzeln und den ganz speziellen irischen Humor erleben möchte, der hole sich unbedingt „Lang lebe Ned Devine“ aus der Videothek. Da knackt in einem kleinen irischen Dorf einer den Lotto- Jackpot und stirbt daran vor Freude. Und was danach passiert... Wir haben oft lauthals gelacht.
- Wer in schwere Zeiten der irischen Geschichte zurückblättern mag, der leihe sich „Die Asche meiner Mutter“ aus. Erzählt wird eine wahre Geschichte aus der Zeit, als tausende Iren ihr Land verließen, um in Amerika ihr Glück zu suchen und es doch nicht immer fanden. Starke Bilder aus dem Irland am Beginn des letzten Jahrhunderts.
- Wer nachempfinden möchte, wie es unzähligen jungen Frauen, die ein uneheliches Kind hatten oder vergewaltigt wurden, noch in den Sechzigern ging, der möge „Die unbarmherzigen Schwestern“ anschauen. Geschichtsaufarbeitung pur. Dieser Film ist erst wenige Jahre alt und wurde in Venedig unter großem Protest der katholischen Kirche ausgezeichnet. Beeindruckend!
- Und wer sich bei einem zauberhaften kleinen, unscheinbaren und dabei besonderen Musikfilm entspannen will, der halte nach „Once“ Ausschau. Dublin heute- eine irische Liebesgeschichte und doch viel mehr.

Die Kinos hier sind gut besucht. Das liegt sicherlich nicht nur an den guten irischen Filmen, sondern an der Masse der Studenten, die Galway bevölkern bzw. an deren derzeitigem unirischen Lieblingsfilm „Mamma Mia“. Übrigens: 2005 wurde beschlossen, dass Irlands Kinos ihre Filme in Zukunft flächendeckend per Satellit herunterladen und digital projizieren sollen. Dafür wurden in den vergangenen Monaten schon Millionen Euro investiert. Ob es dabei wirklich nur um eine bessere Qualität des „Filmmaterials“ geht, wage ich zu bezweifeln.
Wie auch immer: Schaut unbedingt nach einem der genannten Filme aus- es lohnt sich!
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Donnerstag, 21. August 2008

Renmore and more











Der Himmel über Renmore strahlte heute und die Wolken über der Bucht "schwammen" ruhig dahin. Wie habe ich die Wärme auf der Haut genossen, als ich dort war und dort für den morgigen Test lernte. Ebbe und Flut direkt, mit den Füßen im warmen Wasser, zu erleben, ist etwas Besonderes.

Renmore, der Stadtteil, in dem ich lebe, liegt südlich von Stadtzentrum. Wenn ich laufe, brauche ich zur Schule etwa 35 Minuten. Mit dem Bus geht es schneller (und ist es trockener*s*). Es ist ein recht dicht besiedelter grüner Stadtbezirk Galways, der ein wenig an die Vororte oder Randbezirke Berlins mit ihren Reihen- und Einfamilienhäusern erinnert. Fast überall duftet es nach frisch Gemähtem, denn die Renmorer nutzten den trockenen Sommertag zum Mähen ihrer meist kleinen Rasenflächen vor oder hinterm Haus. Die öffentlichen Flächen werden fast jede Woche gemäht und deren Blumenhügel liebevoll gepflegt, sie sehen aus „wie geleckt“. Ein mittelgroßes Krankenhaus, kleine Geschäfte, drei Schulen (eine davon Mädchen und Jungs gemischt), zwei Kirchen, Sportplätze und Fitnesscenter, viele Freiflächen, Ferienunterkünfte und zum Verkauf stehende Einfamilienhäuser prägen das Bild dieses grünen Stadtteils direkt an der Galwaybucht. Fährst du mit dem Zug von Galway nach Dublin, überquerst du die Hauptstraße Renmore´s und hast einen wunderschönen Blick auf die Bucht einerseits und die unzähligen grauen Dächer mit ihren vielen Schornsteinen, die sich hinter oder unter grünen Bäumen verstecken, andererseits. Natürlich hat Renmore einen eigenen Hurling- Club, auf den die Bewohner viel stolzer sind, als auf den Adler, das Symbol des Soccerclubs.

Interessant in Renmore sind vielleicht noch die Kasernen, zumindest von außen gesehen. Galway war schon immer ein Militärstützpunkt, besonders für die Britten und die 1880 hier erbaute kleine Festung belegt das. Seit 1924 ist sie der Hauptstützpunkt von An Céad Kath, des einzige irisch sprechenden Batallions der irischen Armee. In Irland gibt es keine Wehrpflicht und die etwa 11.000 Männer und Frauen in der Armee sind Berufssoldaten.(0,9% des BSP sind fürs Militär. Deutschland:1,5%) Auch wenn Irland neutral ist, keinem Bündnis zugehörig, ist es doch eng mit der NATO verbunden. Aber wirklich wichtig ist das für die hiesigen Bewohner nicht. Das müssen schon andere Fakten her, z.B. diese:

2005 meldete die Presse, dass der irischer Auswanderer Pat Gibson, der acht Jahre lang in Renmore wohnte und jetzt mit seiner Familie in Lancashire (USA) lebt, den Hauptpreis in „Wer wird Millionär“ gewonnen hat. Und Davis Collins, einer der bekanntesten Hurler, wuchs ebenfalls hier auf. Was denn Hurling ist? Das schnellste Spiel der Welt- aber dies ist schon wieder eine andere Geschichte, obwohl sie in Renmore begann.

Auf den Fotos: "Straßenschild", Hauptstaße in Richtung Meeresbucht, Blick bei Ebbe zurück, meine Straße
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Montag, 18. August 2008

Every cloud has a silver lining










Wenn einem Iren oder mir einmal der Gesprächsstoff ausgehen sollte (Was schier unmöglich ist), dann bleibt immer noch das Thema Wetter. Das öffentlich- rechtlichen Fernsehen RTE sagte für heute kaltes Wetter mit viel Regen voraus. Wenn die spanischen Mädels das hören, frieren sie schon bei der Ansage und sehnen sich zurück in ihr warmes Madrid oder Barcelona. Heute haben sie diese Sehnsucht nicht ausleben können, denn gegen Mittag blickte halb Galway ungläubig zur bis dahin dichten Wolkendecke- sie riss auf. Was machte da der kurze kräftige Sommerregen aus, der plötzlich losbrach?
Eigentlich regnet es hier jeden Tag, statistisch gesehen "nur" 27 Tage im Monat. Mal nieselt es, mal gibt es einen Guss wie heute und ein anderes Mal wieder gibt es solche Schauer, dass du deine Nase nur noch in Bücher oder in den Duft einer Tasse Tee stecken kannst. Die serviert Delia dann besonders gerne. Die Iren trinken literweise Tee, weit über 2700g pro Kopf pro Jahr (Deutschland: 250 g) und der irische ist sehr aromatisch und wärmt durch.
Andrea und ich haben am Nachmittag jedoch Kaffee bevorzugt, in einem kleinen Cafè sitzend, einem Busker zuhörend und das Gesicht in die Sonne haltend. Wer weiß, dachten wir, wie lange dieser Zauber anhält. Durch den warmen Golfstrom und die Südwestwinde ist das Klima hier insgesamt recht mild und übers ganze Land gleichermaßen verteilt: Im Sommer wird es nie viel wärmer als 20- 23 Grad, im Winter geht es kaum unter - 1 Grad. Und es regnet viel. Welches Glück, denn sonst gäbe es die im wahrsten Sinne "immer-grüne Insel" nicht.
Manchmal allerdings ist der Sommer besonders nass, wie in diesem Jahr. In Dublin sind viele Straßen überflutet und die dort lebenden Menschen haben viel von ihrem Hab und Gut an den Schlamm verloren, der beim Wasserrückgang bleibt. Im County Galway haben viele Farmer eine Missernte, weil Wiesen und Felder permanent unter Wasser stehen. Das erzählte mir gestern ein Bauer, der seine Tochter in Galway besuchte. Trösten konnte ich ihn nicht, aber wir waren uns einig: Every cloud has a silver lining.- Immer gibt es einen Silberstreif am Horizont, ein Stück Hoffnung, auch das Wetter betreffend und nicht allem im Fernsehen Gezeigten muss man glauben, vor allem nicht dem weather report.
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Sonntag, 17. August 2008

Bingo in der Kirche

Die älteste Kirche von Galway ist eine protestantische. Die Protestanten sind hier in der Diaspora und deshalb verwundert es nicht, dass nur knapp 100 von ihnen den heutigen Gottesdienst feierten. Gut, dass es beim Einlass für alle ein Faltblatt mit den Liedern oder Gebeten gibt, so waren die Abläufe im Gottesdienst auch für mich vertsändlich. Die Lieder sind durch ihre einfachen Melodien leicht zu singen und bei "Now thank we all our God..." (EG 321) fühlte ich mich fast wie zu Hause.

Ansonsten ist der Katholizismus unglaublich präsent. Über 88 Prozent der Iren sind Katholiken und es scheint, als hätte jede große Straße ihre eigene Kirche. Dennoch verliert die Kirche hier an Einfluss, besonders bei der Jugend. Das liegt definitiv auch daran, dass es der katholischen (nicht nur der irischen)Kirche immer noch nicht gelingt, lebensnah zu sein. Bis vor 15 Jahren wurde in Irland die Homosexualität strafrechtlich geahndet und außerehelich geborene Kinder gelten in ländlichen Gegenden noch heute als Schandfleck, Scheidungen sind erst seit 10 Jahren erlaubt. Das strikte Abtreibungsverbot führt dazu, dass jährlich tausende von Frauen deshalb nach England fahren und viele von ihnen fordern zumindest eine Liberalisierung der Gesetze. Man erahnt, wie zähflüssig gesellschaftliche Veränderungen hier sind. Übrigens: Die Masse der Grundschulen- oft noch getrennt nach Mädchen-und Jungenschule- untersteht in Irland der Kirche, wird von ihr und dem Staat finanziert.

Bleibt noch die Sache mit der Kirchensteuer. Die gibt es bei den irischen Katholiken nämlich nicht. Zum Entsetzen der protestantischen Kollegen führte deren Klerus in den 60er Jahren das Bingospiel in den Kirchenräumen ein, dessen Gewinn dann in die Kassen fließt: Kirchliche Bingohallen gibt es überall in Irland. Der Journalist Sotschek schreibt in seinem Buch über eine dieser Hallen:"Dort wird dienstags gespielt. Nach der Abendmesse strömt die Gemeinde aus der Kirche, doch während die Männer zügig den nächsten Pub ansteuern, gehen die Frauen über den Hof der Kirche, überqueren eine kleine Gasse und verschwinden hinter einer Eisentür in der Gemeindehalle... Der große Saal ist immer gut gefüllt..."

Nach dem heutigen protestantischen Gottesdienst allerdings wurde noch zu Kaffee, Tee und einem Plausch eingeladen. Das war mir viel lieber und vertrauter, als zum Bingo zu gehen.

PS. Ich bin danach mit meiner neuen Mitbewohnerin Eliana aus Madrid noch ein bisschen umhergeschlendert, bis in den nächsten PUB. Das Bier war köstlich!
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