Samstag, 11. Oktober 2008

Irish Tinker, Hunter and Draught



















Ich habe mich verliebt, heute Vormittag, bei strahlendem Sonnenschein. In Tinker, besser gesagt: In einen Irish Tinker. Vom ersten Blick an war ich fasziniert von ihm: Schöner Kopf, gerade Schultern, Muskeln und völlig ohne Berührungsängste, kontaktfreudig, ziemlich unerschrocken...


Ihr habt es an den Fotos natürlich sofort erkannt, dass es sich um ein besonders Pferd handelt- es ist nämlich weiß/schwarz- ein „buntgeschecktes“ Pferd. Das Wort „Tinker“ stammt eigentlich von dem Beruf des Kesselflickers ab, gilt hier aber als ein Schimpfwort für die Travellers und Zigeuner (Die Travellers sind verarmte landlose Iren und die ursprünglichen Züchter der Irish Tinker.). Diese übten im Mittelalter diesen Beruf aus und hielten die „Farbpferde“. Früher besaßen die Zigeuner oft nur Esel, die das Hab und Gute der Menschen trugen. Dann aber eigneten sie sich Kenntnisse in der Pferdezucht an, begannen später, die Tiere zu verkaufen. Bis heute werden die Pedigrees in den Zuchtgebieten nicht niedergeschrieben, sondern nur mündlich weitergegeben.1722 erteilte King George Erlaubnis, in Ballinasloe, etwa 70 km von Galway entfernt, einen jährlichen Pferdemarkt abzuhalten.


Neugierig haben wir uns heute in den 5000- Einwohner-Ort auf den Weg gemacht. Der Markt dort hat sich nämlich inzwischen zur Europe`s Oldest International Horse Fair entwickelt. Es gibt Auktionen, Marktstände, ein Bühnenprogramm, einen Rummel aber auch Seminare und Wettbewerbe. Alles erinnert an eine Kirmes, aber ist viel größer. Wir haben heute Pferde wohl jeder Rasse bewundern können. In einem Gespräch mit einem der Händler fragten wir nach dem Preis. Ein kleines Pony, so seine Aussage, koste etwa 1000 Pound (1 Pound= 1,24 Euro), andere Quellen erzählen, dass ein Pferd bis zu 6000 Pound kosten könne (6700 Euro). Der Händler erzählte uns auf unsere Frage, dass die Geschäfte im Moment nicht so gut laufen und fragt schmunzelnd, ob wir nicht eines seiner Tiere kaufen wollen. Wir lehnten ebenso lächelnd ab. Wir könnten wohl auch nicht so handeln, wie es bei den Profis im Geschäft nicht nur in Irland üblich ist. Tatsache ist, dass ein Handschlag den Handel besiegelt und Cash gezahlt wird.


Auf dem Rückweg wippten unsere Füße zum Takt der irischen Musik auf der Bühne und eigentlich fehlte nur eines: dem traditionelle Tug-O'-War (Tauziehen) in einem der Pubs zuzuschauen. Vielleicht ein anderes Mal. Wenn wir den Besuchern des Pferdemarktes auf der weich getrampelten Wiese im Herzen Ballinasloes im kommenden Jahr einen Tipp geben dürften, wäre es dieser: Vergesst die Gummistiefel nicht.
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Mittwoch, 8. Oktober 2008

Absolut Viehisches




















Sicherlich hat kein Ire je auf Schwäne gewettet, oder Schafe oder Esel. Wie sollte er auch? Aber im Wetten ist er dennoch groß, geht es um Pferde oder Hunde. Letzte Woche wollte ich mir ein Hunderennen im Greyhoundstadion in Galway deshalb nicht entgehen lassen. So etwas gibt es in Irland nämlich seit fast 100 Jahren und es hat sichtlich nicht an Attraktivität verloren.

Das Flair auf der Rennbahn war trotz des miesen Wetters besonders.
Die Zuschauer genossen den Abend bei Fastfood und Bier, verfolgten die Rennen in Dublin auf den Bildschirmen und setzten Geld auf ihre Favouriten. (Ich hebe es auch mal probiert und habe die vier Euro verloren.) Die Hunde tragen beim Rennen eine Art Leibchen und so konnte ich sie bei ihrer Hatz nach dem imaginären Hasen auf der Sandbahn auch aus der Ferne erkennen. Die Männer feuerten "ihre" Hunde lautstark an, wetteten um Sieg, Chance oder mehr, und ich erwischte mich sogar beim Daumendrücken. Dennoch konnte ich den Spaß an diesen Wetten nicht ganz genießen, wie die meisten Besucher. In meinem Kopf passen Tiere und solche Geschäftemacherei nicht zusammen. In meinem Lieblingsbuch über Irland habe ich gelesen, dass es auch Hundekämpfe gibt, die aber, wie auch Hahnenkämpfe, verboten sind.

Schafe sind nicht verboten, im Gegenteil. Über 8 Millionen gibt es inzwischen. Das heißt, rein statisch gesehen, dass auf jeden Einwohner Irlands zwei Schafe kommen. Manchmal stehen sie mitten auf der Straße und du schaust automatisch nach dem farbigen Punkt auf ihrem Fell: Pink oder Blau. Manche Iren sagen, es gäbe diese Farben, damit die Farmer erkennen würden, ob es ihre Schafe wären. Andere meinen, das wäre die Unterscheidung zwischen männlich oder weiblich. Die Dritten erklären, dies sei das Erkennungsmerkmal dafür, welches "Dip" und "Dosing" die Tiere bekommen haben- welche Art Schutz vor typischen Wurmkrankheiten. Ich bin von Letzterem überzeugt und schmunzele über die Souveniers, die Irland symbolisieren: Schaf- Topflappen, Schaf- Schlüsselanhänger, Schaf- T-Shirts....

Ein letztes Wort zu den Schwänen, die ich hier unzählige Male fotografiert habe. Sie gehören für mich zu Irland wie die Schafe. Die Legende der Kinder von König Lir erzählt, dass sie einst von ihrer eifersüchtigen Stiefmutter in Schwäne verwandelt worden sein. Die von ihrem Gewissen gequälte Stiefmutter verlieh den Schwänen aber noch die Gabe des überirdisch schönen Gesangs. Sie wurden 900 Jahre später wieder zu Menschen, waren dann jedoch schwach und gebrechlich und starben kurze Zeit später, nicht jedoch, ohne zum mittlerweile aufgetauchten Christentum bekehrt zu werden... Wie auch immer: Die Schwäne wurde auch von dem berühmten Dichter Yeats nicht nur einmal besungen und mir fallen viele Märchen ein, in denen Schwäne eine Rolle spielen. Die irischen überwintern hier, denn der Winter ist in Irland sehr mild.

Bleiben noch die Pferde. Die ziehen mich bestimmt am kommenden Wochenende in ihren Bann, in Ballinasloe... Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
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Dienstag, 7. Oktober 2008

Proud of... names, teams and history



















Fotos: Impressionen aus der "irischen Stadt des Mittelalters"

Man muss nicht nur, wie ich am letzten Wochenende, das mittelalterliche Stadtzentrum von Kilkenny besucht haben, um zu erleben, worauf die Iren sehr stolz sind. Und wenn man es denn weiß, braucht man nicht lange zu suchen- überall zeigt der selbstbewusste Ire, was ihm wichtig ist. Eine Rangfolge festzulegen, wäre unfair. (For Josep, Aranzazu and Eliana: It´s a pitty that we couldn`t enjoy the trip together (by car, of course) It was worth each Penny. I miss you and I`m looking forward to January. Regards to Madrid and Barcelona)

Der alte Geschichtsprofessor, z.B., der uns durch die wunderschöne Altstadt führte, erzählte uns so manch Spannendes, Erfreuliches und Dramatisches aus dem irischen Alltag während der letzten 500 Jahre. Die Zeit der großen Hungersnot (1845-1848) aufgrund der Kartoffelfäule brachte so tiefe Einschnitte in das Leben der Menschen mit sich, dass sich diese Zeit (wie bei uns die Kriegszeit) in unzähligen Liedern, Gedichten, Romanen, Filmen oder Theaterstücken spiegelt. Die Menschen verhungerten zu tausenden oder verließen das Land, emigrierten nach Amerika. Es gibt wohl keine Familie in den USA, die nicht irische Wurzeln hat, sagt man hier. Um 1900 lebten hier von den einst 8,1 Mio Iren nur noch etwa dreieinhalb Millionen.
Ein mit diesem Sterben und Emigrieren verbundenes Übel war kultureller Art, denn die gälische Sprache verschwand fast ganz aus dem Alltag und mit ihr so mancher alte Brauch. Der Prof ist umso stolzer darauf, dass die EU das Irische vor einem Jahr zur 21. Amtssprache erklärt hat und die Bevölkerung wieder im Wachsen begriffen ist.

Die Bewohner von Kilkenny zeigen einen noch anderen Stolz, denn die Stadt ist die Hurling- Hochburg Irlands und an den Häusern sind die Fotos der Spieler zu sehen, viele Straßen leuchten in den Clubfarben gelb-schwarz und aus den Pubs ertönt Beifallrufen, wenn
die Kilkenny Cats Punkte machen! Und es wird mit einem Smithwicks (rotes Bier) oder eben einem hier gebrauten Kilkenny angestoßen. (Das hat eine Schaumkrone wie das Guinness und schmeckte mir sogar am Nachmittag.)

Sicherlich ist der Bewohner von meinem B&B auch stolz auf sein Land und die Traditionen. Er konnte gar nicht verstehen , warum ich am Morgen kein irisches Breakfast bestellte. Natürlich verstehe ich den alten Sinn dieses Frühstückes, brauchten doch die Menschen auf dem Lande für ihr langes Tagwerk ein reichhaltiges und sättigendes Frühstück für den Tag, aber ich als Stadtmensch doch nicht. Zweimal habe ich es versucht und festgestellt, Toast,Pilze, Spiegeleier, Schinken, gegrillte Würstchen, gebackene Bohnen und Black Pudding (eine Art Blutwurst) sind nicht mein Ding (Not my cup of tea) zum Frühstück.

Zurück zum Anfang, zur Geschichte. Wusstet ihr, dass es ein Ire war, der dem Barometer (Robert Boyle) oder dem Elektron (George Surrey), dem Mikrophon (Narzissus Marsh) oder dem Neanderthaler (William King) den Namen gab? Darauf sind die Iren bestimmt auch stolz, wenn die es denn aus ihrer Schulzeit noch wissen sollten.
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