Donnerstag, 13. August 2009

Juwelen in der Galwaybucht


Wie lange braucht ein Mensch um irgendwo „anzukommen“?


Bei mir dauerte dies nur Minuten, so schnell fühlte ich mich wieder zu Hause auf der Insel ganz in Grün. Das freundliche Lächeln der Menschen, der vertraute Klang des irischen Englisch, die hunderte kleinen Steinmauern, der lebendige Klang der irischen Musik aus den Pubs und der fast vergessene Geschmack des Sodabrotes und, nicht zu vergessen, der verhangene Himmel mit seinen kräftigen kurzen Sommerregen. Ich umarme die Stadt, meine Englischlehrer mich, meine Gastmutter Delia und ich einander.


Angekommen. Und fündig geworden am 2. Reisetag: Nein, ich meine nicht das gesichtete riesige rostige Wrack des großen Containerschiffes, das 1960 auf bei starkem Sturm auf ein Riff lief und dessen Besatzung gerettet wurde. (Die Ladung Whisky blieb dagegen für immer verschollen). Es geht mir um die drei Aran-Inseln, zu denen ich unterwegs war, und die durch ihre Einmaligkeit als Juwelen in der Bucht vor Galway bezeichnet werden. Um zu der kleinesten von ihnen zu gelangen, braucht man ein wenig Geduld bei der dreiviertelstündigen Busfahrt und darf auf der etwa einstündigen Fahrt mit der extrem schwankenden Fähre nicht zu doll seekrank werden. Beim Näherkommen öffnet sich der Blick auf 10km² einer ganz eigenen und sicherlich auch einmaligen Welt, in der jahrhundertealte Traditionen auf die moderne Welt stoßen.


Bis vor 100 Jahren lebten die Menschen hier hauptsächlich vom Fischfang, es gab keinen Strom, keine Infrastruktur. Heute kommen Touristen, die einzige relativ stabile Einnahmequelle für die Insulaner. Es gibt Geschäfte, Kita, Schulen, kleine Firmen, Internet, Handy…Dennoch verlassen die Jungen die Insel, denn es gibt für sie kaum eine berufliche Perspektive. Übrigens: Von den etwa 250 Einwohnern sind 50 Schüler, 25 davon an der Oberschule mit ihren 10 Lehrern.


Sean, auf dessen Kutschwagen ich mir einen ersten Überblick über die Insel verschaffe, erzählt nicht nur davon. Er zeigt uns die unzähligen kleinen Weiden, Wiesen und Gärten, die seine Vorfahren fruchtbar gemacht haben. Mit ihm entdecken wir einen alten Friedhof , in dessen Mitte in einer tiefen Mulde die Reste einer versunkenen Kirche aus dem 10. Jahrhundert zu finden sind. Jedes Jahr am 13. Juli kommen unzählige Pilgerer dorthin, denn sie ist einem Heiligen gewidmet. Dann muss all der Treibsand entfernt werden, der sie wieder fast zugedeckt hat.


Den habe ich bei meiner 12 km-Wanderung über das Inselchen mit seiner herben Schönheit nicht gespürt, aber Wind und Regen und so war ich froh in einem der Pubs eine warme Suppe und ein Bier trinken und mich aufwärmen zu können. Obwohl man auf der Insel sonst nur Gälisch spricht, konnte ich dies bestellen -Für Touristen wie mich wird schon eine Ausnahme gemacht. Von O`Briens Castle habe ich am Ende der Tagestour noch einmal über die Insel geschaut und war für einen kleinen Moment erfüllt von großer Dankbarkeit dafür, wieder ein besonderes Stück Welt entdeckt zu haben.