Donnerstag, 2. Oktober 2008

Limerick without limericks












Auf der Suche nach der Wahrheit trieb es mich am letzten Wochenende nach Limerick, etwa 100 km entfernt von Galway. Dort müssen die „Limericks“ doch ihren Namen bekommen haben. Hier schüttelten all meine Sprachlehrer und meine Gastmutter den Kopf:“ Ein Limerick? Ein Gedichtform? Nie gehört.“ Ja, das ist es, kurz, bündig, oft humorvoll, einem Reimmuster folgend, wie dieses hier vom Joseph C. Tyler, Sr.:


THE TRAIN AT 4:04

"There's a train at four - four," said Miss Jenny.
"Four tickets I'll take, have you any?"
Said the man at the door, "Not four for four - four
For four for four - four is too many."


Um es gleich zu sagen: Diese Textform scheint bei uns bekannter zu sein als in Irland. Laut Wikipedia liegen die Wurzeln für dessen Bezeichnung in einem alten englischen Soldatenlied und man entdeckte sie fast vor 200 Jahren. Die Touristinformation in Limerick war am Sonntag geschlossen. Schade, vielleicht hätte ich dort eine Auskunft bekommen.

Dennoch war ich nicht traurig, denn ich stand am größten Fluss Irlands, dem Shannon, der immerhin fast 400 km lang ist und nach seiner Reise von Nordirland bei Limerick in den Atlantik fließt. Frank McCourt, der“ Angela´s Ashes“- „Die Asche meiner Mutter“ geschrieben hat, ist hier geboren. Es ist ein autobiographischer Roman und der Film hat mich unglaublich berührt. (In dem Zusammenhang: Ich verstehe nicht, warum die Originaltitel bei uns immer verändert werden.) Die im Internet angebotene Angela- Ashes- Tour, allerdings, wollte ich ohne Guide nicht erlaufen.


Limerick ist immerhin die drittgrößte Stadt Irlands, von der Einwohnerzahl etwa mit Bernau und dem sich anschließenden Zepernick vergleichbar. Sie war vergleichsweise ruhig am letzten Sonntag und so konnte ich mit nur wenigen anderen "Touries" King John`s Castle besuchen, mir St. Mary´s Cathedral ansehen und gemütlich durch die Innenstadt schlendern.


Einen Hinweis auf die Limericks habe ich nicht gefunden, dafür aber die Lust, die großen Iren wie Yeats, Joyce, oder Wilde im Original zu lesen. Letzterer hat vor 120 Jahren zu Yeats gesagt (dessen Gedichte ich über alles mag): "Wir Iren sind zu poetisch, um Dichter zu sein, wir sind eine Nation von glänzenden Versagern, aber wir sind die größten Redner seit den Griechen."

Denke ich auch an Swift, Shaw oder Beckett muss ich lächeln und ich wage mich schließlich an die erste Shortstory von Synge.

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Montag, 29. September 2008

A pearl and many festivals



















Nein, ich wurde nicht zur Auster- Perle gewählt, die Lady auf dem Foto ist mehr geeignet dafür. Ich habe auch nicht die erste Auster des Jahres geschlürft, wie der Bürgermeister der Stadt. (Die Galway- Austern sind bekannt in ganz Europa.) Am Straßenrand stehend, habe ich gemeinsam mit hunderten Menschen dem kleinen Festumzug zugewunken, der bei der offiziellen Eröffnung des "Oyster Festivals" durch Galways Straßen zog.

Dessen Fröhlichkeit brauchte mich nicht anzustecken- denn ich bin wieder voller Lachen nach den traurigen Tagen der letzten Woche. Darum vorab: Euch allen, die ihr nach dem Herzinfarkt meines Vaters, Anneliese und meinem Vater zur Seite standet, ob durch praktische Hilfe, oder durch gute Wünsche und Gebete, möchte ich danken. Und habt auch Dank für eure Ermutigungen für mich (besonders an meine Brüder, die mich immer auf dem Laufenden hielten), diese Zeit in der Ferne auszuhalten, nicht heimzufahren und sie, wie geplant, zu beenden. Vater hat es gepackt... Und das ist ein Grund zum Feiern, meint ihr nicht?

Übrigens: Die Iren feiern unglaublich viel und gerne. Über das ganze Jahr verteilt ist in den 32 Counties immer irgendwo ein Festival, wie das Oysterfestival in Galway. Das gibt es seit den frühen Fünfzigern, als ein cleverer Hotelchef auf die Idee kam, die Touristen auch im September in sein Haus zu locken. Das Verrückteste an diesem Festival: Austern- Liebhaber aus aller Welt kommen hier, um an einem Wettbewerb teilzunehmen. Da gibt es einen langen Tisch (90 cm hoch) und vor jedem Teilnehmer liegen 30 Austern, die es in kürzester Zeit ohne jegliche Hilfsmittel (Handschuhe erlaubt) zu öffnen und zu präsentieren gilt. Meistens haben die Iren selbst, die Norweger oder Schweden gewonnen. Wen wundert´s?

Vielleicht sind die deutschen Männer und Frauen ja aktiver und erfolgreicher auf dem Festival in Lisdoornvana, beim Matchmaking- Festival? Das findet als eine alte Tradition gerade dieser Tage statt. Die Matchmaker waren meist alte Leute in einem Landstrich, die wussten, welcher Sohn/welche Tochter im heiratsfähigen Alter war. Sie luden im September jedes Jahres alle Farmer aus Irland ein, um sie zu verkuppeln. Sie kümmerten sich auch um die Aussteuer. Heute ist das eine Riesenparty mit Tanz und allem Drum und Dran und Leute aus ganz Europa und aller Altersklassen fahren nach Lisdoonvarna. (Ich hab ja keine Zeit- muss Englisch lernen!)

Fast lohnt es sich, das Jahr nach diesen Ereignissen zu unterteilen, denn da ist das Kunstfestival, das Theaterfestival, das Opernfestival, das Jazz- Festival, das St. Patricks- Festival. Wer Interesse und Zeit hat, erlebt hier, dass die Iren nicht nur ein sehr gastfreundliches ( Karneval der Kulturen der Welt in Dublin), ein lachwilliges Volk (Cat Laughs- Festival in Kilkenny), ein bildungswilliges (Listowel Writers Week) und feierwilliges Volk sind, das keinen Anlass auslässt, dies unter Beweis zu stellen.

Und hätte die Eintrittskarte zur gestrigen Gala beim Austern-Festival in meiner Stadt nicht 130 Euro gekostet, hätte ich bestimmt auch bis in die Nacht getanzt, laut gesungen, dabei viel geplaudert und einen guten Whiskey oder zwei Bier getrunken. Aber ich habe ja noch vier Wochen Zeit, zu erleben, was die Iren meinen, wenn sie sagen: "There are no strangers here, only friends who never meet before."
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